N-Tier Risk Management: Herausforderung und Chance zugleich

Fast 80% der Unternehmen meldeten im vergangenen Jahr Unterbrechungen in der Lieferkette.
— BCI 2024

Viele Unternehmen sind in ihren global aufgestellten und komplexen Lieferketten regelmäßig von Störungen betroffen, die oftmals von indirekten Lieferanten ausgelöst werden. Dies unterstreicht die hohe Relevanz von Transparenz in der Lieferkette und N-Tier Risk Management.

N-Tier Risk Management ist jedoch nicht immer nur eine Sache der Freiwilligkeit. Eine Erfüllung zukünftiger regulatorischer Anforderungen setzt ebenfalls ein effizientes N-Tier Risk Management voraus. 

Die zunehmende Bedeutung von Resilienz in der Lieferkette sowie künftige regulatorische Anforderungen machen klar: Die Zeit, das Thema N-Tier Risk Management anzugehen, ist jetzt.

Mit der Verabschiedung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) im Juni 2024 auf EU-Ebene, die eine über Tier-1-Lieferanten hinausgehende Betrachtung kritischer Lieferketten vorschreibt, wird N-Tier-Transparenz für immer mehr Unternehmen unverzichtbar.

Doch auch abseits regulatorischer Anforderungen ist N-Tier Risk Management unternehmerisch sinnvoll, denn ohne das Wissen über tiefere Ebenen der Lieferkette steigt die Gefahr, von Risiken überrascht zu werden und erst zeitverzögert von Problemen zu erfahren, beispielsweise wenn der Tier-1-Lieferant darauf aufmerksam macht. Besonders gravierend ist die Risikolage, wenn in der N-Tier Lieferkette Klumpenrisiken oder Diamanstrukturen existieren. Diese aufzudecken und einen entsprechenden Umgang damit zu finden ist Teil des N-Tier Risk Managements.

Klumpenrisiken entstehen, wenn mehrere Lieferanten in einer Region ansässig sind und dadurch gemeinsam regionalspezifischen Risiken, wie z.B. Naturkatastrophen, ausgesetzt sind. Das N-Tier-Management ermöglicht es, solche Klumpenrisiken frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Diamantenstrukturen, bei denen mehrere Lieferanten von einem einzigen N-Tier-Lieferanten abhängig sind, können zu erheblichen Versorgungsengpässen führen. Mithilfe des N-Tier-Managements können solche Abhängigkeiten frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen, wie z.B. eine Diversifizierung der Lieferanten, eingeleitet werden.

Um den identifizierten Herausforderungen zu begegnen und sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, sollten Unternehmen frühzeitig ein zuverlässiges und effizientes N-Tier Mapping und ein darauf aufbauendes Risikomanagement etablieren. Das Mapping wird üblicherweise mithilfe von Tool-Unterstützungen durchgeführt. Bei den aktuellen Toolanbietern gibt es hauptsächlich zwei Mapping-Ansätze: das KI-gestützte Mapping und das lieferantenvalidierte Mapping.

Das KI-gestützte Mapping ermöglicht einen ressourcenschonenderen Ansatz, birgt aber eine hohe Unsicherheit hinsichtlich der Genauigkeit, da oft unklar ist, ob die identifizierten Lieferanten tatsächlich Teil der Lieferkette sind. Das lieferantenvalidierte Mapping hingegen liefert belastbare Ergebnisse, erfordert aber auch immense Kapazitäten und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit von Lieferanten. Die Abhängigkeit von der Kooperationsbereitschaft der Lieferanten stellt eine große Herausforderung dar. Häufig wollen oder dürfen Lieferanten keine Informationen preisgeben. Dies kann verschiedene Gründe haben, wie z.B. vertragliche Beschränkungen, die Befürchtung, durch den Aufbau einer Beziehung zwischen Kunden und eigenen Lieferanten in Zukunft übergangen zu werden, und fehlende Anreize, diese Informationen zu ermitteln und zur Verfügung zu stellen.

KI stößt an ihre Grenzen, daher ist es wichtig, sich bei der Schaffung von N-Tier Transparenz auf kritische Lieferpfade zu konzentrieren und die Ergebnisse zu validieren.

Eine Kombination beider Ansätze, bei der KI-basierte Ergebnisse durch gezielte Lieferantenbefragungen validiert werden, bietet sich als optimale Lösung an. Um jedoch unnötigen Aufwand zu vermeiden, sollten Unternehmen vorab einen Überprüfungsrahmen definieren, der sich auf kritische Lieferpfade konzentriert. Ohne eine solche Fokussierung laufen Unternehmen Gefahr, immense Kapazitäten für die Überprüfung irrelevanter Lieferanten aufzuwenden, obwohl sie durch den Einsatz von Tools ursprünglich interne Ressourcen schonen wollten.

Da keines der aktuellen Tools ein vollständig umfassendes N-Tier Management bietet, ist es unerlässlich, auf Basis der gewählten Toollösung Prozesse und Verantwortlichkeiten neu zu definieren. Ein erfolgreiches N-Tier Risikomanagement erfordert die enge Abstimmung verschiedener Unternehmensfunktionen sowie die Zusammenarbeit mit externen Partnern, etwa Tier-1-Lieferanten. Hierbei müssen klare Rollen, Aufgaben und nötige Kapazitäten definiert und geschaffen werden.

Auch mit Toollösung müssen interne Prozesse und Verantwortlichkeiten aufgebaut und definiert werden.

Wir von SCRM Consulting unterstützen Sie mit einem pragmatischen Ansatz, indem wir zunächst den aktuellen Supply Chain Risk Management Reifegrad Ihres Unternehmens bestimmen und darauf basierend die spezifischen Anforderungen an ein effektives N-Tier Management identifizieren. Anschließend navigieren wir Sie durch den "Tool-Dschungel" und ermitteln eine kosteneffiziente Lösung, die Ihre individuellen Anforderungen erfüllt und Ihre Prozesse optimal unterstützt. Um den Fokus klar zu setzen, identifizieren wir vorab kritische Lieferpfade. Diese Eingrenzung des Überprüfungsrahmens ist entscheidend, um Ressourcen effizient einzusetzen und nicht Tausende potenzieller Lieferanten aus „risikofreien“ Bereichen unnötig zu validieren und kontrollieren.

Mit SCRM Consulting schaffen Sie zielgerichtete Lieferketten-Transparenz und Resilienz - auch in den tiefsten Ebenen Ihrer Lieferkette.

Auf Basis der gewählten Toolunterstützung gestalten wir gemeinsam die internen Prozesse, sodass die Informationen aus dem N-Tier Management effektiv genutzt werden können. Unser Ziel ist es, Sie mit unserer N-Tier Management Expertise zu unterstützen, um Risiken frühzeitig zu erkennen und kostspielige Unterbrechungen in der Wertschöpfungskette zu vermeiden.

Dr. Manuel Brauch

Lieferanten-Risikomanagement ist für mich eines der spannendsten Felder im Einkauf. Darum ist das Thema Supply Chain Risk Management für mich nicht nur Arbeit, sondern Leidenschaft.

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Eine kurze Chronologie des Versuchs das Lieferkettengesetz „wegzubolzen“.

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